HOAI 2020:
Entwurf für die angepasste gesetzliche Ermächtigungsgrundlage der neuen HOAI liegt vor!
Es besteht jetzt akuter Handlungsbedarf, nachdem das Urteil des EuGH vom 04.07.2019 zur Unionsrechtswidrigkeit der Mindest- und Höchstsätze der HOAI schon fast ein Jahr alt ist und aktuell immer noch die vom EuGH kritisierte HOAI 2013 mit ihren verbindlichen Mindest- und Höchstsätzen in Kraft ist. Aus diesem Zustand resultiert auch die unklare Rechtslage mit den erheblichen Folgeproblemen für alle laufenden Verträge im Anwendungsbereich der bisherigen HOAI-Fassungen (siehe hierzu z.B.
HOAI.de-Newsletter Nr. 35 vom 27.05.2020 zur Entscheidung des BGH vom 14.05.2020, VII ZR 174/19).
Für eine neue HOAI, die noch in diesem Jahr in Kraft treten soll, müssen zunächst die gesetzlichen Grundlagen, also das Gesetz zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen (ArchLG) vom 4.11.1971, geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 12.11.1984, angepasst werden (siehe hierzu z.B. HOAI.de Newsletter Nr. 34 vom 04.09.2019). Hierzu hat das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) am 28.05.2020 einen ersten Entwurf vorgelegt, der allerdings noch nicht abgestimmt ist. Dieser Entwurf enthält die entscheidende Weichenstellung für die neue und wohl noch in diesem Jahr in Kraft tretende HOAI.
Inhalt des Referentenentwurfes für die neue HOAI
In dem Referentenentwurf des BMWi vom 28.05.2020 wird vorgesehen, dass die bislang verbindlichen Honorartafeln zukünftig nur noch als Honorarorientierung ausgestaltet werden. Jedoch soll es zukünftig eine Regelung zur vermuteten Honorarhöhe geben, wenn keine Honorarvereinbarung getroffen wurde.
Der Referentenentwurf bereitet die neue gesetzliche Grundlage für die neue HOAI und lautet in seinem für die neue HOAI maßgeblichen Kern, dem ArchLG, wie folgt:
„
§ 1 Ermächtigung zum Erlass einer Honorarordnung für Leistungen der
Architekten und Ingenieure
(1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates eine Honorarordnung für Leistungen der Architekten und Ingenieure zu erlassen und Folgendes zu regeln:
1. Die Grundlagen und Maßstäbe zur Berechnung von Honoraren,
2. Honorartafeln zur Honorarorientierung für Grundleistungen, auch in Abgrenzung zu Besonderen Leistungen,
3. eine Regelung zur Höhe der Honorare für Grundleistungen für den Fall, dass keine Honorarvereinbarung getroffen wurde,
4. die bei der Honorarvereinbarung einzuhaltende Form und zu beachtende Hinweispflichten,
5. die Fälligkeit der Honorare.
(2) Grundleistungen im Sinne des Absatzes 1 sind Leistungen, die regelmäßig im Rahmen von Flächen-, Objekt- oder Fachplanungen auszuführen sind. Sie umfassen insbesondere auch Leistungen der Beratung, Planung, Maßnahmendurchführung sowie Leistungen im Rahmen von Vergabeverfahren.
§ 2 Unverbindlichkeit der Kopplung von Grundstückskaufverträgen mit Ingenieur- und Architektenverträgen
Eine Vereinbarung, durch die der Erwerber eines Grundstücks sich im Zusammenhang mit dem Erwerb verpflichtet, bei der Planung oder Ausführung eines Bauwerks auf dem Grundstück die Leistungen eines bestimmten Ingenieurs oder Architekten in Anspruch zu nehmen, ist unwirksam. Die Wirksamkeit des auf den Erwerb des Grundstücks gerichteten Vertrages bleibt unberührt.
„
Änderungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)
Das Urteil des EuGH hat auch Auswirkungen auf das BGB, weil der dortige § 650q Abs. 2 auf die „Entgeltberechnungsregelungen der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure in der jeweils geltenden Fassung“ verweist. Hier sieht der Referentenentwurf vor, dass dieser Verweis bestehen bleiben soll. Die Regelung des § 650q Abs. 2 BGB wird lediglich redaktionell daran angepasst, dass es keine verbindlichen Mindest- und Höchstsätze mehr gibt, indem die bisherigen Sätze 2 und 3 gestrichen werden sollen und im Übrigen, soweit die HOAI nicht anwendbar ist, auf § 650c BGB (Vergütung nach tatsächlich erforderlichen Kosten nebst Zuschlägen) verwiesen wird, der dann für diese Fälle entsprechend gelten soll. Mit der Streichung des bisherigen Satzes 2 im Absatz 2 von § 650q BGB soll dem unzutreffenden Umkehrschluss vorgebeugt werden, dass eine freie Vereinbarung über die Vergütungsanpassung nur in den Fällen des § 650q Abs. 2 Satz 2 BGB a.F. möglich sei.
Änderungen im Vergaberecht
Der Referentenentwurf des BMWi sieht auch im Vergaberecht (teilweise konsequente Folge-) Änderungen vor, wie die Streichung des Bezugs auf die HOAI 2013 in § 73 Abs. 2 Nr. 1 VgV und eine Streichung des Hinweises auf verbindliche Preisregelungen in § 76 Abs. 1 Satz 2 VgV.
Vor dem Hintergrund der Beschaffung im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie soll in § 17 Abs. 6 der Vergabeverordnung (VgV) klargestellt werden, dass die genannte Angebotsfrist von mindestens 30 Tagen nur „beim Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb“ gelten soll. In einem neuen § 17 Abs. 15 VgV soll klargestellt werden, dass in einem Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb, das wegen äußerst dringlicher Gründe auf § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV gestützt wird, die Verpflichtungen der §§ 9 bis 13, des 53 Abs. 1 und der §§ 54 und 55 VgV nicht gelten.
Zudem ist vorgesehen, im GWB die Berichtspflichten von Bundesbehörden und Bundesländern nach § 114 Abs. 1 GWB von einem festen Termin zu lösen.
Schließlich soll nach dem Referentenentwurf auch die Vergabeordnung Verteidigung und Sicherheit (VSVgV) angepasst werden. Für Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb, die auf Grundlage von § 12 Abs. 1 Nr. 1 b) VSVgV eingeleitet werden, sollen die Pflichten im Zusammenhang mit der Öffnung von Angeboten nach § 30 Abs. 1, 2 VSVgV nicht verbindlich gelten.
In der Sektorenverordnung (SektVO) soll durch einen neuen § 9 Abs. 3 SektVO klargestellt werden, dass bei einem auf § 13 Abs. 2 Nr. 4 SektVO gestützten Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb die Kommunikation auch mit anderen als elektronischen Mitteln erfolgen kann.
Stellungnahme AHO, BAK, BIngK zum Referentenentwurf
Der Ausschuss der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung e.V. (AHO), die Bundesarchitektenkammer (BAK) und die Bundesingenieurkammer (BIngK) haben in einer gemeinsamen Stellungnahme vom 18.06.2020 den Erhalt der HOAI mit ihrem System der Honorarberechnung und Honorarorientierung grundsätzlich begrüßt, aber auch Nachbesserungen angemahnt. Demnach wird in Ergänzung zu der Formulierung im Referentenentwurf eine Regelung zur Angemessenheit der Honorarvereinbarung gefordert. Zudem wird – aus diesseitiger Sicht zu Recht – die Formulierung zu § 1 Abs. 2 des ArchLG als unzureichend gerügt, weil insbesondere die Bauüberwachung überhaupt keine Erwähnung findet. Schließlich wird die Streichung des Kopplungsverbotes gefordert. Wenn keine vollständige Streichung des Kopplungsverbotes erfolgt, soll dieses zumindest dann nicht gelten, wenn ein Planungswettbewerb vorangegangen ist, eine Konzeptvergabe erfolgte oder auch Lösungsvorschläge nach § 77 Abs. 2 VGV erfolgten.
Für die Zukunft werden von AHO, BAK und BIngK in ihrer Stellungnahme vom 18.06.2020 zu dem Referentenentwurf gefordert: